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Meine Freundschaft mit Corona - Monika Bischoff

Willst du mit mir gehen?

Diese Frage steht auf dem Zettelchen, das Corona mir heimlich zusteckte. Darunter drei Kästchen zum Ankreuzen:

Ja                  Nein            Vielleicht

 

Ich kreuze immer dann ja an, wenn ich allein unterwegs bin, an einem Fluss oder an einem See, dort innehalte und an meinen Lieblingsspruch von Gottfried Benn denke:

 

"…sich abfinden und gelegentlich auf‘s Wasser sehen…Die Sonne lässt die Wasseroberfläche wie Silberfolie erscheinen.

Ich wandere weiter, kann mich gut aushalten und genieße die terminfreie Zeit. Erlebe eine Welt ohne Hektik, zumindest in diesem Moment. Danach ist auch die Zeit zu Hause ohne Fragen.

 

Manchmal kreuze ich nein an. Dann, wenn ich Angst spüre. Wie wird es weitergehen, was wird sich ändern, wie wird es mit mir weitergehen. Wenn sich die Fragen nicht zurückdrängen lassen helfen mir Kontakte zu lieben Menschen. Telefonieren, ein bisschen lachen, Nachrichten per Whats-App verschicken und erhalten. Oft reicht ein fröhliches Foto und ich bin wieder ruhig und kann daran denken, was ich mir zu Essen mache. Und ich mache mir viel zu Essen, seitdem Corona mit am Tisch sitzt.

Im Gefrierfach liegt eine Familienpackung Eis und ich habe Sprühsahne neu entdeckt. Die Waage habe ich vorsorglich unter den Schrank geschoben.

 

Und manchmal kreuze ich vielleicht an. Vielleicht wirklich einmal nachdenken, was ich tatsächlich noch machen will? Was ich Immer schon machen wollte und nur den Mut dazu nicht hatte?

 

Ich habe ein Coro.Na-2.0-Bild von Corona gemalt. Ein großes, grobes Gesicht mit viel schwarz, rot und blau, dunkelgrün und wieder schwarz mit einem übergroßen Mund. „Sehr bedrohlich“ schrieb eine Freundin, der ich es geschickt hatte. Ja, das war es wirklich. Am nächsten Tag habe ich das Gesicht mit sehr viel weißer Farbe wieder übermalt und einen schmalen rosa, lieblichen Mund zugefügt. Der Rand bleibt schwarz, doch die Bedrohlichkeit ist verschwunden.

 

Hin und wieder gehe ich in die Kirche, zünde Kerzen an und schicke meine Wünsche um ein gutes Ende für alle in das flackernde Licht.

 

Meine Freundschaft mit Corona – eine endliche Geschichte.

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Kommentare: 13
  • #1

    Veronika Valder (Donnerstag, 09 April 2020 13:06)

    Liebe Monika. Macht das Spaß deinen Text zu lesen und die ganze Zeit ein Grinsen im Gesicht. Ich mag deine Art zu schreiben sehr! Ich drück dich aus der Ferne! :-)

  • #2

    Monika (Donnerstag, 09 April 2020 13:50)

    Vielen Dank, liebe Vroni.
    Ich freue mich, dass Die mein Text gefällt und über Dein Grinsen:))
    Ich drücke Dich auch und hoffe, wir sehen und bald wieder.

  • #3

    Carmen (Sonntag, 12 April 2020 20:10)

    Dein schöner Text hat mich gefreut.
    Es ist immer berührend etwas zu lesen und die Person des Autors/der Autorin darin zu sehen.
    Bis hoffentlich bald, liebe Monika. Es wäre schön uns bald wieder zu sehen.

  • #4

    Ann Kristin (Montag, 13 April 2020 12:11)

    liebe Vroni
    ich kenne dich leider nicht, mag aber deine Zeilen sehr gerne. sie sind phantasiereich und sinnlich..zum anfühlen irgendwie. danke hierfür..ich lese sie noch ein paar Male..
    herzlich aus Leverkusen
    Ann Kristin
    Bartkemadali@t-online.de

  • #5

    Christiane (Montag, 13 April 2020 15:56)

    Liebe Monika, das ist wieder ein so schöner Text von Dir! Das Bild von dem Bild, das Gesicht, das sich verändert, das Ja, Nein, Vielleicht an der Situation ..., all das, sehr treffend. Ich habe den Text sehr gerne gelesen, auch ein zweites mal :) Liebe Grüße, Christiane

  • #6

    Monika (Montag, 13 April 2020 17:22)

    Vielen Dank, liebe Carmen! Ja, ich wünsche mir auch, dass wir bald wieder um den Tisch sitzen und uns gegenseitig unsere Geschichten erzählen. Mir fehlt das Lachen schon sehr.
    Freue mich auf unser Wiedersehen.

  • #7

    Monika (Montag, 13 April 2020 17:26)

    Ich danke Dir, liebe Christiane, es freut mich sehr, dass Dir der Text gefällt. In dieser Corona-Zeit drängen sich ja tatsächlich ganz andere Gedanken hervor...
    Liebe Grüße und hoffentlich bis bald.

  • #8

    Katrin (Samstag, 18 April 2020 20:52)

    Hallo Monika,
    das ist ein schöner Text. Ich finde mich an vielen Stellen wieder, nicht nur bei der Familienpackung Eis :-) Ich pflege ein ambivalentes Verhältnis zu Corona, fühle mich als Glückskind, bisher gut durch die Krise gekommen zu sein. Und denke an all die Menschen, die nicht mit der Situation klar kommen.

    Ja - nein - vielleicht. Macht mich schmunzelnd.

    Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag. Bleib gesund!
    Katrin

  • #9

    Monika (Sonntag, 19 April 2020 19:24)

    Vielen Dank, liebe Katrin,
    Dein Kommentar hat mich sehr gefreut.
    Komm weiterhin gut durch diese extrem Zeit.
    Lieber Gruß

  • #10

    Anke (Montag, 20 April 2020 15:36)

    Liebe Monika,
    vielen Dank für diesen schönen Text. Ich mag auch deinen Schreibstil. Viele liebe Grüße
    Anke

  • #11

    Monika (Donnerstag, 23 April 2020 20:15)

    Liebe Anke,
    ich freue mich, dass Dir Text und Stil gefallen.
    Danke Dir und liebe Grüße

  • #12

    Rosemarie (Samstag, 25 April 2020 17:26)

    Liebe Moni,
    das bist Du! Eine mutige Selbstreflexion, eingebettet in den eigens gewählten Tagesablauf.
    Sehr anschaulich beschrieben.
    Liebe Grüße Rosi

  • #13

    Monika (Montag, 27 April 2020 21:36)

    Liebe Rosi,
    ich danke Dir für Deinen klären und behutsamen Kommentar.
    Icg freue mich sehr daüber.
    Lieber Gruß
    Monika