· 

Straßenfeger - Bodo Mario Woltiri

Straßenfeger, so nannte man in den 70er Jahren Fernsehfilme, die ein Millionenpublikum gebannt an den Bildschirmen (welch ein schönes Wort im Vergleich zu Flatscreenmonitor!) verfolgte. Die Straßen blieben unterdessen wie leergefegt. Heute ist es ein Krimi namens COVID-19, die Straßen entvölkert. Gestern liefen im Fernsehen gespenstische Bilder, die leere Innenstädte in Spanien und Italien zeigten.

 

Einzige Ausnahme war ein Rom ein alter Mann in weißer Kutte, der eine Kirche betrat, um ein stilles Gebet zu halten für die Geplagten dieser Welt und seiner Stadt: der Papst. Sein „nom de guerre“ ist ja Pontifex Maximus. Der große Brückenbauer wäre jetzt besonders gefragt, denke ich: Jemand, der die Menschen verbindet. Das tut der Virus übrigens auch: Forscher aus aller Welt arbeiten fieber(!)haft zusammen, um einen Impfstoff zu entwickeln.

 

In Spanien stehen die Spanier jeden Abend auf ihren Balkonen, um mit lautem Beifall und Jubel dem medizinischen Personal zu danken, das rund um die Uhr arbeitet. Hand in Hand mit den Taxifahrern, die für den Transport von Coronapatienten einen kostenlosen Schichtdienst organisiert haben.

 

Kulturelle Unterschiede zwischen den europäischen Ländern werden aber auch sichtbar: Während in Frankreich Rotweinmangel herrscht, reicht in Deutschland das Toilettenpapier nicht aus.

 

Doch dieser Notstand bedeutet noch nicht, dass wir am Arsch sind.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Monika (Sonntag, 19 April 2020 13:51)

    Knackiger kurzer Text mit einem hübschen letzten Satz:)

  • #2

    Veronika Valder (Sonntag, 19 April 2020 17:28)

    Da kann ich mich nur anschließen... :-)

  • #3

    Herbert (Sonntag, 19 April 2020 18:28)

    Der gesamte Text hat mich sehr gefreut. " Straßenfeger welch ein schönes Wort" , es gibt noch viele schöne deutsche Worte. In Wald und Feld brauchte man jetzt Waldfeger, die Menge der weggeworfenen
    Tempotaschentücher ist erschreckend. Wegwerfmentalität.

  • #4

    Christiane (Dienstag, 21 April 2020 19:53)

    Ein tolles Bild, ein toller Vergleich! Ja, wir betrachten alle gebannt diesen Krimi und die Straßen sind - oder waren? - leer. (Es wird ja schon fast zu schnell wieder fast zu voll da draußen). Und das gespenstische dieser Atmosphäre sehr gut eingefangen in einem kurzen, aber sehr treffenden Text...